„Ich bin von der Herzlichkeit in Kärnten begeistert“ | Daniel Mylow
Daniel Mylow (57) erreichte mit dem Text „Vigo“ beim Kurzgeschichten-Wettbewerb „WortReich“ den zweiten Platz. Im Gespräch mit mir erzählt er vom wahren Kern seines Texts und spricht über die Bedeutung des Lesens für junge Menschen.
Von Sebastian Grayer, August 2022
Als Erich Wimmer (Erich Wimmer) das Boot zur Überfahrt in Richtung des Inselhotels Faaker See betrat, bestieg auch der 57-jährige Autor Daniel Mylow das Boot. „Wir kannten und sahen uns zuvor noch nie, aber wir kamen sofort ins Gespräch. Was den Standpunkt zu sozialen Netzwerken und Smartphones betrifft, haben wir einiges gemeinsam“, erinnert sich Mylow an den Tag des Wettbewerbs in Kärnten zurück. Er lebt mit seiner Frau in Wangen am See in Baden-Württemberg (Deutschland). Am Anfang war es nur eine Traumvorstellung, als Autor Texte zu publizieren, jedoch konkretisierte sich dieser Wunsch in den Jahren der ersten Publikationen immer weiter. Sein Lieblingszitat „Dichter wird man als Kind“ von Marina Zwetajewa beschreibt auch Mylows Werdegang gut.
Ein aufmerksamer Mensch
Bereits in seiner Zeit als Volksschüler begann Mylow regelmäßig, zu Stift und Papier zu greifen. „Meine Lehrerin erlaubte mir, selbstgeschriebene Texte einmal pro Woche vor der Klasse vorzutragen. Das war im Alter von neun bis elf Jahre“, erzählt Mylow. Zu Hause führte seine Lust am Formulieren zu einer prall gefüllten Mappe voll eigener Geschichten, die seine Eltern für ihn aufbewahrten. Als ein gut zuhörender und nachfragender sowie auch eifrig Zeitung lesender Mensch ist Mylow für das Erzählen von Geschichten besonders empfänglich. „Ich lese jeden Tag zwei bis drei Zeitungen und archiviere auch Texte, die mir interessant erscheinen. Es ist wichtig, dass sie mich bewegen und berühren“, sagt der deutsche Autor. Auf diese Weise entstand auch sein Roman „Greisenkind“, der auf einen "Spiegel"-Artikel beruht und auf Mylows Weise verdichtet wurde.
Aufarbeitung der DDR-Zeit
„Vigo“ und auch sämtliche andere Kurzgeschichten schreibt Mylow in der Regel mit einem Bleistift, ehe er die Texte in digitale Form am Computer überträgt. „Ich war ziemlich rasch mit ‚Vigo‘ fertig. Für die erste Fassung brauchte ich zwei bis drei Tage“, erzähl Mylow im Gespräch mit mir. Auch Schreibpausen legte der Autor regelmäßig ein. Ebenso wichtig sind das Liegenlassen und das Gewinnen von Distanz zum Text. „Vigo“ enthält einen wahren Kern, wie Mylow verrät. „Meine Verwandtschaft lebte, wie viele Bekannte und Freunde auch, in der damaligen DDR. Ich führte viele Gespräche mit ihnen. Daraus nährte sich unter anderem die Kurzgeschichte“, verrät der Autor seinen Schreibanlass. Er versuchte sich an einer Aufarbeitung eines einzelnen Schicksals, das einerseits als Vertretung für viele steht und das andererseits damals so viele Menschen heimsuchte. Dabei ist „Bless“ der tatsächliche Name seines Großvaters. „Es ist wichtig zu sagen, dass die Wende nicht einfach war und die Menschen vielen Brüchen gegenüberstanden“, erzählt Mylow.
Sich seine Heimat schreiben
In der Regel ist es der Schreibtisch mit motivierendem Blick auf den Bodensee mit seiner verändernden Oberfläche, der inspiriert. „Der See bringt mich in den Fluss des Schreibens“, schmunzelt der 57-Jährige. Jedoch stellte er mit der Zeit fest, dass er sowohl am Schreibtisch in Wangen am See als auch überall sonst seiner Schreibarbeit nachgehen kann. „Ich schreibe auch sehr gerne in Hotelzimmern. Schließlich schreibt man sich seine Heimat“, ist Mylow überzeugt. Schreibblockaden begegnet Mylow mit Praktiken, die er als Poesiepädagoge erlernte. Er kann sich so selbst überlisten, was jedoch nicht oft vorkommt. „Eigentlich sind es nicht die Schreibblockaden, sondern vielmehr die fehlende Zeit für das Schreiben, was mich aufhält“, offenbart er.
